"Aus für Zapfenstreich?"
Sperrzeit
GUNZENHAUSEN - Wer kennt sie nicht, die schönen Abende mit Freunden in
der Kneipe. Es wird viel gelacht und erzählt, die Stimmung ist einfach
super und man könnte ewig so sitzen.Doch auf einmal ertönt vom Tresen
die laute Stimme des Wirts: "Letzte Bestellung, bitte" und ehe man es
sich versieht, heißt es Feierabend für heute. Natürlich gibt es lange
Gesichter bei den Gästen, die gerne noch ein bisschen weitergefeiert
hätten und nun nach Hause gehen müssen.
Mit dem abrupten Aus für einen fröhlichen Abend könnte es bald ein Ende
haben, geht es nach dem Willen des Bayerischen Hotel- und
Gaststättenverbands. Dieser fordert nämlich, die bayerische
Sperrzeitenregelung zu lockern oder gar ganz abzuschaffen, um dem
veränderten Freizeitverhalten vieler junger Menschen nachzukommen, die
häufig erst zu später Stunde ausgehen.
Strikt dagegen wendet sich der Bayerische Gemeindetag. In einer
Pressemitteilung wehrt sich Präsident Heribert Thallmair gegen die
Vorstellung, "die Nacht zum Tag zu machen". Der Großteil der Bevölkerung
habe ein Recht auf Ruhe und Erholung in der Nacht, um in Schule und
Beruf leistungsfähig zu sein. Durch die bestehende Regelung sei bereits
eine flexible Handhabung je nach örtlichen Verhältnissen und Situationen
gegeben, heißt es in dem Schreiben weiter.
Derzeit gilt für alle öffentlichen Veranstaltungen bayernweit die
Sperrzeit von 1 bis 6 Uhr. Ausnahme ist der
1. Januar, da gibt es keine Einschränkung, erklärt Klaus Stephan,
Hauptamtsleiter bei der Stadt Gunzenhausen.
Die Gastwirte können eine Dauerverkürzung um ein oder zwei Stunden
beantragen, die meist für die Wochenenden, also für die Nächte von
Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag gewünscht und in der Regel
genehmigt wird. Auch für besondere Ereignisse wie Hochzeiten oder
Geburtstage gibt es Einzelerlaubnisse von der Stadtverwaltung, die
Lokale länger geöffnet zu lassen. In Diskotheken ist allerspätestens um
vier Uhr Zapfenstreich. Auf Empfehlung des bayerischen Innenministeriums
sollen die Städte und selbständigen Gemeinden nicht zu großzügig mit den
Verkürzungen der Polizeistunde für Tanztempel umgehen und versuchen, ein
einheitliches Ende zu finden, so Stephan weiter. Hintergrund ist die
Vermeidung der so genannten Diskounfälle.
Rücksicht auf Nachbarschaft
Bei der Entscheidung über die Verlängerung der Öffnungszeiten müsse auf
das Umfeld und die Nachbarschaft der Lokale Rücksicht genommen werden,
gibt der Verwaltungsfachmann zu bedenken. Er erinnert zudem daran, dass
auch private Feiern in Sportheimen oder Schützenhäusern angemeldet
werden müssen, da dies öffentlich zugelassene Gasträume sind. Mit den
Pächtern und Wirten in der Altmühlstadt gebe es in Sachen Polizeistunde
kaum Probleme: "Die sind eigentlich sehr vernünftig."
Auf offene Ohren stößt die Idee des Hotel- und Gaststättenverbands, die
Sperrzeit abzuschaffen, bei Thomas Müller. Seit Juni diesen Jahres führt
er das Parkcafé in der Osianderstraße, wo überwiegend junges Publikum
verkehrt. Man könnte sich selber aussuchen, wann wie lange geöffnet ist
und sich auf das Bedürfnis der jungen Leute einstellen, sieht der
36-Jährige als Vorteil. "Es gibt eben Tage, wo es nötig ist, länger
offen zu lassen, und ich könnte dann ganz flexibel darauf reagieren."
Ohne die Sperrzeit müsse er zudem nicht eine ziemliche Masse von Leuten
zur gleichen Zeit vor die Tür schicken, die dort dann Lärm macht. Und
der Lärm sowie die an- und abfahrenden Autos der Gäste werden dem Lokal
angelastet. Auch die Rennerei zur Stadtverwaltung, um eine Genehmigung
zu beantragen und zu bezahlen, falle weg: "Das ist auch eine
Kostenfrage." Ein Tag-und-Nachtcafé will Thomas Müller aus seinem
Betrieb jedoch nicht machen: "Dafür gibt es in Gunzenhausen gar keinen Bedarf."
Mehr Eigenverantwortung für Wirte
Mehr Eigenverantwortung verspricht sich Bernhard Bahls, Mitinhaber des
Holzwurms am Hafnermarkt. Es gebe eben Stoßzeiten wie beispielsweise zur
Kirchweih und am Bürgerfest, wo die Leute nach dem Rummel noch gemütlich
einkehren möchten. Zwar glaubt er nicht, dass sich übers Jahr gesehen
wirklich viel verändern würde, aber man wäre auch nicht mehr gleich
strafbar, wenn mal länger offen sei, und wegen einer Hand voll Gäste
lohne sich das auch nicht. Überhaupt geht Bahls nicht davon aus, dass
der Umsatz entsprechend steigen würde, denn die Anzahl der Gäste
verändere sich ja kaum.
Jeder Gastronom sollte selber sagen können, wann Ende ist, sind sich
Ingrid Weigand und Burkhard Meier von der Gaststätte "Zum Lauterbacher"
einig. Die starre Einhaltung einer bestimmten Uhrzeit müsse irgendwann
aufgebrochen werden, genauso wie das Ladenschlussgesetz und das erst
kürzlich abgeschaffte Rabattgesetz. Sie verweisen dabei auf andere
Bundesländer wie Hessen und Baden Württemberg, wo die Sperrzeit bis auf
eine "Putzstunde" verkürzt wurde. Deswegen sei man als Wirt ja trotzdem
nicht gezwungen, bis in die Puppen geöffnet zu haben, wenn es sich nicht
rentiere. Aber man hätte - ohne lästiges Antragstellen - die Möglichkeit
dazu. Nicht zu vergessen ist natürlich die Kostenfrage, da für die
Sperrzeitverkürzung Gebühren zu entrichten sind, so Meier weiter.
"Relativ überflüssig"
Für seinen eigenen Betrieb ist die bisherige Regelung ausreichend, doch
generell ist Horst Pfefferlein, Pächter des Gasthauses Lehner in der
Weißenburger Straße, für die Aufhebung der Sperrzeit. Seiner Meinung
nach sollte jemand, der die späten Nachtstunden braucht, um sein
Geschäft zu machen, dies können, ohne dafür extra bezahlen zu müssen.
Als "relativ überflüssig" bezeichnet Michael Probach von der
Brauereigaststätte "Leuchtturm" in der Ansbacher Straße die bestehende
Regelung. Ohne die Polizeistunde, mit Rücksicht auf die Nachbarschaft
und das Umfeld, könne man viel besser auf die Kunden und ihre Wünsche
reagieren.
Im Grunde kein Thema ist die Aufhebung der Polizeistunde für Gerhard und
Edeltraud Müller, Inhaber des Gasthauses "Adler-Bräu" am Marktplatz. Für
das alteingesessene Speiselokal ist die Regelung bis 1 Uhr ausreichend,
doch könnten sich die Gastronomen vorstellen, dass beispielsweise
Pilsbars oder Kneipen mit dem Vorschlag des Hotel- und
Gaststättenverbands den Gewohnheiten der jungen Gäste besser gerecht
werden. TINA ELLINGER
Erschienen im Altmühl-Boten am 18.08.2001